Pro Tag werden in Deutschland durchschnittlich rund 84.000 Notrufe über Festnetz und Mobilfunk abgesetzt. 2023 waren es laut der Deutschen Telekom insgesamt mehr als 30 Millionen. In Remscheid gingen im vergangenen Jahr über 35.000 Anrufe alleine über die Notrufnummer 112 ein.
Die Belastung der Einsatzkräfte steigt stetig. Angesichts begrenzter Ressourcen bedarf es neuer Ideen und Modelle, um dauerhaft eine qualitativ hochwertige und zuverlässige Notfallrettung zu gewährleisten und gleichzeitig eine Überlastung sowie Fehlalarme und unnötige Einsatzfahrten zu vermeiden.
Im Rahmen von Reform und Modernisierung der Notfallmedizin wird auch im Rettungsdienst zunehmend der Fokus auf die Digitalisierung gelegt. In diesem Zusammenhang wurde der Weg für den Einsatz des Telenotarzt-Systems geebnet. Ein Telenotarzt kann den Einsatzkräften telefonisch per Video und durch den Echtzeit-Abruf von Gesundheitsdaten Hilfe im Einsatz leisten. Das Telenotarzt-System ist als Ergänzung bestehender Notfallkonzepte gedacht.
Mit der Unterzeichnung der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung im Januar 2023 haben sich der Ennepe-Ruhr-Kreis, der Kreis Mettmann sowie die Städte Remscheid, Solingen, Wuppertal und Leverkusen zur Bildung des gemeinsamen Telenotarztsystems „Bergisches Land“ zusammengeschlossen.
Nach Abschluss des Ausschreibungs- und Vergabeverfahrens für die notwendigen technischen Komponenten traf sich im vergangenen Herbst die Steuerungsgruppe mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus allen Gebietskörperschaften sowie den externen Dienstleistern auf der Hauptfeuer- und Rettungswache Leverkusen zum ersten Planungstreffen. Dies war der Startschuss für die konkrete technische Umsetzung des Projektes. Die Planungsphase umfasst die Erarbeitung einer Projektstruktur sowie eines zeitlichen Ablaufs für Systemaufbau, Schulung und Inbetriebnahme. Perspektivisch wird ein Start des Systems im Realbetrieb für das Frühjahr 2025 angestrebt.
Leitstellen und Rettungswagen werden technisch ausgerüstet
Dazu müssen zunächst die Leitstellen des Kreises Mettmann (Kernträger) und der Stadt Leverkusen (Hauptstandort) sowie die Rettungswagen der sechs beteiligten Gebietskörperschaften mit modernster Technik ausgestattet werden. Parallel dazu werden Notärztinnen und -ärzte für den Telenotarztdienst ausgebildet und weiterqualifiziert.
Die personelle und technische Umsetzung des Telenotarzt-Systems erfolgt in Kooperation mit der ADAC Telenotarzt gGmbH (Personal) und der umlaut telehealthcare GmbH – Part of Accenture (Technik), die bereits Erfahrung auf dem Gebiet der Telenotfallmedizin haben.
Die technische Ausstattung der für den Telenotarzt-Betrieb vorgesehenen Rettungswagen umfasst u.a. eine fest eingebaute Kamera sowie Router und Antenne für die Videoübertragung. Ein zentrales Kommunikationssteuerungselement zur Übertragung der Vitaldaten, Headsets und weiteres Equipment müssen ebenfalls installiert werden.
Bis zum Vollbetrieb sollen zunächst jeweils zwei Rettungswagen je Gebietskörperschaft technisch ausgerüstet, die notwendigen Schulungen abgeschlossen und das System in einer sogenannten „Aufwachsphase“ gestartet werden. Die weiteren Rettungswagen werden später nach und nach ausgerüstet. Das System wird insgesamt stufenweise ausgebaut; mit einem Vollbetrieb ist daher erst in einigen Jahren zu rechnen.
Die Remscheider Rettungswagen wurden im Jahr 2024 neu beschafft. Bei der technischen Ausgestaltung wurde bereits alles Nötige veranlasst, um die moderne Tele-Notarzt-Technik nun kurzfristig und ohne größeren Aufwand einbauen zu können.
„Der Tele-Notarzt ist ein weiterer wichtiger und zukunftsweisender Baustein auf dem Weg zu einer immer besseren präklinischen Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger. Durch die bergische Kooperation mit sechs Kreisen und kreisfreien Städten können wir künftig Fachkompetenz ressourcenschonend bündeln und noch ausfallsicherer agieren“, sagt Guido Eul-Jordan, Leiter der Feuerwehr Remscheid. „Wir freuen uns, dass nun die technische und praktische Umsetzung unmittelbar bevorsteht. Ein solch umfangreiches und komplexes Projekt mit vielen Partnern bedarf eines langen Atems, kann nun aber dank der ausdauernden Mitarbeit aller Projektpartner endlich an den Start gehen.“